Schwarze Schafe grenzen sich allein schon durch die Fellfarbe von der Herde ab. Deshalb sollte man meinen, dass schwarzen Schafen Grenzen von Haus aus bewusst sein müssen. Das Gegenteil ist der Fall. Nicht nur, dass sie liebend gern meist unbeabsichtigt die Grenzen anderer verletzen und damit ins Fettnäpfchen treten, sie verstehen es auch nur schlecht, anderen gegenüber Grenzen für sich selbst zu setzen.
Da schwarze Schafe sich von der „Herdengesellschaft“ abheben, stehen sie im Fokus derselben. Die Herde stört das und versucht, die ungeliebten Mitschafe zu integrieren. Die schwarzen Schafe werden in die Anonymität der Herde gedrängt, um sie zu verstecken. Weil auch das schwarze Schaf das Bedürfnis hat, zu einer Gruppe zu gehören, lässt es dies zunächst über sich ergehen, weil es Angst hat, allein zu sein. Dieses Harmoniebedürfnis steht jedoch stark mit dem Autonomietrieb des schwarzen Schafes in Konflikt. Es erkennt bald, dass die Herde es nicht um seiner selbst willen akzeptiert, sondern daran Bedingungen knüpft. Es hat immer schön im Konsens zu mähen, die ungeschriebenen Gesetze einzuhalten, sich sagen zu lassen, wo es zu grasen hat, sich blöken zu lassen, welche Richtung gegangen wird. Tut es das nicht, wird mit Liebesentzug gestraft, Schuldgefühle werden eingepflanzt.
Wenn es endlich erkennt, dass es sich so nicht mehr erpressen lassen will, muss es jetzt gegenüber den anderen Schafen Grenzen setzen, um zu überleben. Der Satz „Ich will das nicht!“ sollte anfangs reichen. Lassen sich vor lauter von der Herde eingenommenem Terrain keine Grenzen mehr setzen, hilft nur noch, sich mit einem Rundumschlag zu befreien, also, Kopf ‚runter und ab durch die Herde! Die wird natürlich perplex und hochgradig beleidigt sein, aber sie hat jetzt ihre Chance, ihr eigenes Verhalten zu überdenken. Ob sie das wohl tut und etwas dabei heraus kommt?