Das glückliche schwarze Schaf

Die Erkenntnis, ein schwarzes Schaf und damit ein Außenseiter in einer Gemeinschaft zu sein, ist anfangs sehr schmerzhaft. Wut und Enttäuschung, gepaart mit Panik, hervorgerufen durch Zweifel, ob man die ganze Zeit mit total falschen Ansichten gelebt hat, kennzeichnen die erste Zeitphase nach dieser Erkenntnis.

Es folgt eine Trotzphase, die einige Zeit anhält. Man ist stolz darauf, anders zu sein als die anderen, aber es wird einem auch klar, dass man sich von ihnen einige Zeit trennen muss, um Abstand zu gewinnen. Man muss sehr schwere Entscheidungen treffen, z.B. E-Mails ungelesen löschen, Briefe ungelesen zurückschicken oder das Telefon eine Zeitlang auf die Mailbox umstellen. Dies alles tut sehr weh und kostet viel Kraft, dient aber dazu, sich frei zu machen von den Einflüssen der Gruppe und besonders einigen Gruppenmitgliedern, denen man jahrelang viel zu sehr ausgesetzt war.

Man sucht sich gleichgesinnte Freunde und/oder externe professionelle Begleiter, die einen wieder aufbauen und das Selbstwertgefühl zurückgeben. Man sucht Kontakt zu Menschen, die einen achten und respektieren, so wie man ist. Es gibt sie, das ist ganz sicher. Wenn man sie gefunden hat, macht es einen unendlich glücklich. Dann ist man in der Lage, nach Ventilen zu suchen.

Mein Ventil ist diese Webseite. Ich will allen Mut machen, die in eine ähnliche Situation geraten sind wie ich und erst verzweifelten. Aber es gibt keinen Grund zum Verzweifeln, dies ist die Chance für einen Neuanfang. Vielleicht auch in ferner Zukunft mit der Gruppe, die einen zum schwarzen Schaf gemacht hat. Ganz ausschließen will ich es nicht.

Hat man es irgendwann geschafft, seine Situation und die damit verbundenen sehr schmerzhaften Gefühle zu akzeptieren und zuzulassen, ist man später in der Lage, die alleinige Verantwortung für sich zu übernehmen. Besonders wichtig ist es dafür, seinen eigenen Anteil zu erkennen, der zu der Situation beigetragen hat. Man hat es dann nicht mehr nötig, andere für sein Unglück verantwortlich zu machen. Man kann die anderen so lassen, wie sie sind und braucht von ihnen nichts mehr zu erwarten, was sie einem ohnehin nicht geben können oder wollen.

Don’t give up
‚cos you have friends

Peter Gabriel