Gerechtigkeit – gibt es sie überhaupt?

Schwarze Schafe haben ein sehr ausgeprägtes Rechtsempfinden, weil sie wegen ihrer Fellfarbe schon von Lämmchenbeinen an ungerecht behandelt wurden. Meistens zeigte sich diese Ungerechtigkeit in demütigenden Kränkungen, denen das kleine schwarze Lamm ausgesetzt war und gegen die es sich natürlich nicht wehren konnte. Die wichtigsten Kränkungen sind: Ausgrenzung, Abwertung, verlassen werden, ignoriert werden, abgeschoben werden, verraten werden, ausgenutzt und benutzt werden, nicht akzeptiert werden, nicht geliebt werden. Dies geschieht seitens der Bezugsschafe nicht bewusst, sondern auf der unbewussten Ebene. Dennoch hat es für das schwarze Lamm verheerende Folgen, die erst sehr viel später, wenn es längst ein erwachsenes, willensstarkes und autonomes schwarzes Schaf geworden ist, bei passender (bzw. meistens eher sehr unpassender) Gelegenheit zutage treten.
Weil das schwarze Schaf aus seiner Lammzeit durch die Kränkungen erhebliche Defizite mit sich herumschleppt, hat es im Laufe seines Lebens Strategien entwickelt, sie zu verdecken/verstecken um sie nicht mehr spüren zu müssen, da sie sehr sehr weh tun. Z.B. entwickeln manche Schafe ein Helfersyndrom, um sich auf diese Weise die fehlende Anerkennung zu holen. Oder sie strampeln sich ab, überall die Besten zu sein, um damit Bewunderung und Aufmerksamkeit bei den Mitschafen zu erlangen. Dass diese neidisch reagieren könnten und somit mit Ablehnung, muss das schwarze Schaf erst begreifen lernen. Ein gesundes Schaf mit geringen Defiziten kann damit gelassen umgehen. Ein narzisstisch gestörtes schwarzes Schaf aber hat damit erhebliche Probleme.

Die Folge: Auf im Erwachsenenalter erlittene ähnliche Behandlungen oder Kränkungen seitens der Mitschafe reagiert das schwarze Schaf sehr empfindlich und häufig über. Noch empfindlicher reagiert es aber, wenn die eigenen Familienschafe es nach wie vor so behandeln wie sie es eben immer taten, jahrzehntelang.

Wie man sich aus solchen rigiden familiären Verhaltensmustern befreit, habe ich ja hinreichend beschrieben. Manchmal jedoch reicht es nicht, sondern es kommen weitere verdeckte Defizite zutage.

Dann geht alles nochmal von vorne los. Oder nicht ganz, denn diesmal kennt das schwarze Schaf den ganzen Hintergrund. Möglicherweise hat es dann aber einfach nicht mehr die Kraft, die Lust und die Einsicht, etwas zu verändern. Es lässt eben erst mal alles so, wie es ist und hält es aus, denn das hat es inzwischen gelernt.

Manchmal kommt es dann ganz dicke. Ein Gericht sieht z.B. eine Rechtslage anders als das schwarze Schaf, und es verliert nicht nur hunderte von Euro, sondern auch noch den Glauben in eine höhere Gerechtigkeit. Es ist jahrzehntelang durch eine Hölle gegangen, verursacht durch einen neuen Ehepartner eines seiner Elternschafe. Am Ende geht es nicht nur leer aus, sondern darf auch noch für falsche Behauptungen und Vorverurteilungen der Gegenseite zahlen.

Bitter. Aber Schicksal. Und deswegen zu akzeptieren. Das Leben auf’m Deich geht weiter. Und gespannt wartet es darauf, wie es mit dem anderen Elternschaf und dessen neuem Ehepartner so weitergeht. Momentan hat es aber davon gründlich die Schafsschnauze voll.